mondongo hat geschrieben:Mir kam bald "text to midi" in den Sinn...Dies habe ich dann gesuchmaschinelt und bin dann auf verschiedene bereits existierende Koverter gestossen. Einige davon freeware. Vielleicht kannst du da ja mal weitergucken und den Code analysieren.
Danke für den Tip, aber die Analyse würde mir nicht viel bringen. Bild zu Musik und Text zu Musik kann auf direktem Weg nicht funktionieren, weil in einer Ansammlung von Farben oder Buchstaben keine musikalische Struktur enthalten ist. Es kommen immer wieder Leute die es probieren und alle machen dieselben Erfahrungen.
Mein Ansatz ist durch die Formulierung zu verstehen. Ich schreibe nicht "Text-zu-Musik", sondern "Musik
aus Text." Ich bin nicht der Schlächter des Textes. Ich bin der Empfänger, der die Rhythmik und Melodik von gelungenen sprachlichen Konstrukten in Musik umsetzen will.
Die sinnhafte Interpretation von Texten überlasse ich den Vorlesern. Thema, Autor und die Geschichte selbst beeinflussen nur die Anlage meiner Töne und die Wahl der Instrumente, die günstiger Weise elektronische sind.
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Ich habe hier ein etwas anderes Feedback erwartet, aber ich bin ja in der Sache drin, während ihr damit überfallen werdet. Denken wir einmal an ein traditionelles Gedicht, das für Musik schon aufgrund der Versform anbietet:
Können wir die Buchstaben in Töne umsetzen? Nur bedingt und mit manuellen Eingriffen, Mappings etc. Mit einem schwedischen Text muss man anders umgehen, als mit einem italienischen. Malt man nur nach Zahlen, führt das unweigerlich ins kakophonische Chaos.
Die nächstgrößere Einheit sind die Silben, die strukturell eher sprachunabhängig sind. Hier beginnt es musikalisch interessant zu werden. Um Silben rhythmisch umzusetzen, muss man deren Buchstabenanzahl ignorieren, wie wir es beim Lesen tun. Wesentlich ist der Wechsel zwischen betonten und unbetonten Silben.
Die Wörter sind wieder sprachabhängig. Bei deutschen Texten können wir musikalisch auf Hauptwörter reagieren. Die Großschreibung hilft uns und bietet eine der wenigen Möglichkeiten, Buchstaben sinnvoll auszuwerten.
Die nächste Einheit, der Satz, ist ein sprachlicher Bogen und soll auch ein musikalischer werden. Die Länge ist relevant, da wir aus Texten keine soliden Phrasen generieren können. Ziehen wir die Hauptwörter heran oder alle Wörter? Nehmen wir nur die Betonungen? Mittteln wir Buchstaben von Wörtern oder Silben mathematisch auf zufälligen Klang oder reagieren wir, etwa bei Prosa, nur auf Wortgruppen und Satzzeichen?
Der Absatz ist wegen der systembedingten Langsamkeit solcher Musik von geringerer Bedeutung, aber er gibt uns die wichtigen Pausen und Gelegenheiten zu musikalischen Wechseln.
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Von einem der ersten Versuche hab ich ein Video gemacht, in dem die wichtigen Buchstaben nach Häufikeit im Deutschen gemappt sind:
GenText_1_korr.mp4 (18,3 MB)
Im ersten Teil geht es um Sätze. Jede Zeile (die ich für diesen Fall als Satz definiert habe) dauert drei Sekunden, egal wie lang sie ist. So sind einzelne Buchstaben nicht von Bedeutung und erzeugen auch keine Töne. Gespielt werden nur die Anfangsbuchstaben der Hauptwörter. Da es sich beim Text um das "Naturgeschichtliche Alphabet" von Wilhelm Busch handelt, macht das Sinn, da sich die Buchstaben zwangsläufig wiederholen. Es gibt nur einen Synth, die Phrasen entstehen aus dem Rhythmus des Abspielens.
Im zweiten Teil wird alles gespielt. Alle 125 ms kommt ein neuer Buchstabe, nach Silben sind 250 ms Pause, nach Wörtern 500 ms, ebenso nach Sätzen (= Zeilen) und Absätzen. Die interessante Information kommt textbedingt wieder von den Anfangsbuchstaben der Hauptwörter, die von einem tiefen Synth gespielt werden. Die Kleinbuchstaben spielt ein anderer mit einem Preset, das ihnen keine Chance lässt, sich wichtig zu machen.
Der Versuch ist noch mehr Schwurbelei als mir lieb ist und die Musik passt nicht zum Inhalt des Textes, aber man sieht, dass es Potential gibt. Vielleicht fällt ja jetzt dem Einen oder Anderen noch etwas dazu ein, was ich probieren könnte.