absurde musikalische Theorien

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Solarzelle
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Re: absurde musikalische Theorien

Beitrag von Solarzelle »

go hat geschrieben:
Solarzelle hat geschrieben:Also zunächst einmal herzlichen Glückwunsch. absurde musikalische Theorien findest du hier wie sand am Meer, du bist bereits angekommen. .

Hm kein schlechter Tip. :) ... Es geht um eine Figur in einem Theaterstück die ein etwas seltsames Verhältnis zur Realität und als ein Steckenpferd oben genannte Theorien hat. Dafür suche ich Textfutter. Für den Laien soll das ja absurd klingen, aber eben nicht frei erfunden sein, sondern seine Wurzeln schon in einem existierenden Theorem haben. Wenn ich z.B. Adorno über die Parallele von der Synkope im Jazz zum verhinderten Orgasmus in der Psychoanalyse fabulieren höre, dann ist das postmodern in dem Sinn, daß das Begriffe sind, mit denen der halbwegs gebildete Laie ebenso etwas verbindet wie der Spezialist. Oder etwas tiefer gehängt, Helmut Kraussers "Melodien" enthält auch einiges an alchemistischen Seltsamkeiten und so weiter. In diese Richtung suche ich noch einige Beispiele, möglichst skurril.
Gruß go
hmm, ist aber schwer. Ich kenne wohl das eine oder andere Beispiel für verblasenes zeug (z.b. hier http://www.manfredschreier.com/Labyrinth.htm oder http://www-user.tu-chemnitz.de/~mren/wo ... _paper.pdf oder http://www.beatbauer.de/index.html) es ist aber nicht immer wirklich lustig.
Hanns Eisler hat mal was skurriles zur Interpretation geschrieben. Er vergleicht dort romantische gesangsinterpretationen mit dem gewinsel kranker dackel. Frag mich aber bitte nicht nach der Quelle, ich habs einfach nicht mehr parat. Es war zudem nicht wirklich quatsch, sondern durchaus begründet.

Für Anregungen guck vielleicht mal hier:

http://www.amazon.de/Gesammelte-Werke-B ... 3884746588

hat nichts mit musik zu tun, ist aber eine ganz gut gemachte Wissenschaftsverarschung. Vielleicht gibt sie dir ein paar Ideen. Ich wäre nur allgemein etwas vorsichtig mit der idee. Du bedienst schnell Intellektuellenklischees. Und du musst dir halt gut überlegen, ob dein publikum wirklich diesen etwas speziellen Humor teilt;)= sonst viel glück!
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SFriedrich
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Re: absurde musikalische Theorien

Beitrag von SFriedrich »

Solarzelle hat geschrieben: Hanns Eisler hat mal was skurriles zur Interpretation geschrieben. Er vergleicht dort romantische gesangsinterpretationen mit dem gewinsel kranker dackel. Frag mich aber bitte nicht nach der Quelle, ich habs einfach nicht mehr parat. Es war zudem nicht wirklich quatsch, sondern durchaus begründet.
Ein Eisler-Zitat zu diesem Begriff ist das folgende:

Ich sage, der "Ton des gekränkten Dackels" steht für dieses Spießbürgertum, das wir ja auch täglich in uns bekämpfen müssen: nämlich eine gewisse Selbstgenügsamkeit der Erkenntnis, daß alles nicht so geht, wie man es selber wünschte - also eine kritische Apologie des Spießbürgertums, das man noch immer in sich zu überwinden hat. (1961)

Zitiert nach:

Ein Genie bin ich selber! Hanns Eisler in Anekdoten, Aphorismen und Aussprüchen; Hans-Peter Müller; Verlag Neue Musik Berlin [Ost], 2. Auflage 1984; S. 123


Es müßte aber noch andere Dackel-Zitate geben, werd mal nachsehen!

Grüße:
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Solarzelle
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Re: absurde musikalische Theorien

Beitrag von Solarzelle »

njjaain, ich glaub das wars noch nicht ganz, ich meinte er sagte konkret was zur interpretation. wenn du es noch ausgräbst gerne, sonst schon mal merci fürs recherchieren!
go
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Re: absurde musikalische Theorien

Beitrag von go »

Vielen Dank. go!
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Solarzelle
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Re: absurde musikalische Theorien

Beitrag von Solarzelle »

hm, noch nichts. aber ok, übrigens auch ein schönes Eisler Zitat (keine ironie) :wink:
aber um auch noch was sinnvolles beizusteuern bin ich nochmal einem kommentar nachgegangen:
go hat geschrieben:Hallo zusammen. Ich suche für eine Textcollage für ein Theaterstück ein Sammelsurium von musikalischen Theorien oder Experimente, die (zumindest für den Laien) au den ersten Blick absurd, unmöglich oder abseitig wirken. Zum Beispiel die "Erdtonbestimmung" oder Adornos Jazzäußerungen, Bernsteins universelle Musiksprache o.ä.
Ich bin mir nicht ganz sicher, ob hier jedermann was mit Bernsteins "universeller Musiksprache" anfangen kann, daher schreib ich noch was dazu.
So schlecht finde ich bernsteins reisen in "Chomsky-Land" (so nannte er seine Vortragsreihe in Anlehnung an den Sprachwissenschaftler Noam Chomsky) gar nicht. Von der Klischeevorstellung, dass die Musik die Universalsprache der Menschheit sei distanziert er sich ausdrücklich, es ging ihm eher darum eine Idee wissenschaftlich fundiert zu hinterfragen.

Er hatte die Idee einer der Musik innewohnenden Grammatik und versucht dementsprechend die Musik auf gemeinsame Wurzeln hin zu untersuchen. Der weitgespannte Bogen, der hierbei entsteht ist zwangsläufig angreifbar, das schreibt er irgendwo auch selber. Nichtsdestoweniger finde ich seine Ausführungen durchaus interessant zu lesen, insbesondere da er den Stoff mit viel liebe zum Detail präsentiert.
(Wer es lesen will: Bernstein, Leonard: Musik-die offene Frage; Vorlesungen an der Harvard Universität, München 1982.)

Der Klischeevorstellung des verirrten Wissenschaftlers, der irgendwo zwischen Genie und Wahnsinn leicht versponnenen Theorien nachhängt, entspricht Bernstein eigentlich nicht. Gerade er versuchte mit seinen Ideen und mit seiner Musik ein breiteres Publikum anzusprechen, nicht zuletzt Kinder in seinen "Young Peoples Concerts" oder Strassengangs in der "West-Side-Story".

Gruß, Solarzelle
Zuletzt geändert von Solarzelle am 17 Aug 2008 - 22:10, insgesamt 1-mal geändert.
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SFriedrich
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Re: absurde musikalische Theorien

Beitrag von SFriedrich »

Solarzelle hat geschrieben:njjaain, ich glaub das wars noch nicht ganz, ich meinte er sagte konkret was zur interpretation.

Da gibt's in dem Buch noch zwei:

[über das Lied "An die Nachgeborenen"] Das muß freundlich gesungen werden, nicht gebellt werden - wie ein gekränkter Dackel. (1961) S. 119

Sowie:
Die Dummheit in der Musik ist doch nur die Übertragung der Dummheit des menschlichen Lebens, des Alltags in die Musik. Wenn ich Ihnen vorsingen würde ein wirklich wunderbares Lied von Schumann: "Du bist wie eine Blume, so hold und schön und rein...", müssen sie zugeben, das ist ein idiotischer Gesang. Aber so hören Sie diese Lieder gesungen. Also, was ist falsch daran? Erstens ist das Gedicht mäßig. Heine ist ein genialer Bursche, den ich sehr verehre. Aber dieses Gedicht ist - also mittelmäßig. Die Gesangsart ist: kranker Dackel, bevor er zum Doktor geht. (1961) S. 124


@go:
einige zumindest fragwürdige Aussagen finden sich bei J.M Hauer, etwa in dem Buch:
Vom Wesen des Musikalischen; Josef Matthias Hauer; Robert Lienau (Verlag), Berlin - Lichterfelde; 1966

Grüße:
Sigi
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Re: absurde musikalische Theorien

Beitrag von Solarzelle »

Richtig! "über die Dummheit in der Musik". Ist locker zehn Jahre her, dass ich es gelesen habe. Danke!

@go, gerne, hoffe etwas geholfen zu haben.

Gruß, Solarzelle
go
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Re: absurde musikalische Theorien

Beitrag von go »

Solarzelle hat geschrieben: Der Klischeevorstellung des verirrten Wissenschaftlers, der irgendwo zwischen Genie und Wahnsinn leicht versponnenen Theorien nachhängt, entspricht Bernstein eigentlich nicht. Gerade er versuchte mit seinen Ideen und mit seiner Musik ein breiteres Publikum anzusprechen, nicht zuletzt Kinder in seinen "Young Peoples Concerts" oder Strassengangs in der "West-Side-Story".
Es geht ja auch nicht darum eine Biografie von L.B. auf die Bühne zu bringen , sondern zu sammeln was sich einer Figur in den Mund legen lässt.
:D gruß go
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Solarzelle
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Re: absurde musikalische Theorien

Beitrag von Solarzelle »

go hat geschrieben:
Solarzelle hat geschrieben: Der Klischeevorstellung des verirrten Wissenschaftlers, der irgendwo zwischen Genie und Wahnsinn leicht versponnenen Theorien nachhängt, entspricht Bernstein eigentlich nicht. Gerade er versuchte mit seinen Ideen und mit seiner Musik ein breiteres Publikum anzusprechen, nicht zuletzt Kinder in seinen "Young Peoples Concerts" oder Strassengangs in der "West-Side-Story".
Es geht ja auch nicht darum eine Biografie von L.B. auf die Bühne zu bringen , sondern zu sammeln was sich einer Figur in den Mund legen lässt.
:D gruß go
das wirkt aber schnell platt. wenn man es gut spielt karikiert man allerdings wieder das Klischee - dann wird es vielleicht interessant. :wink:
go
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Re: absurde musikalische Theorien

Beitrag von go »

Solarzelle hat geschrieben: das wirkt aber schnell platt.:
...das lassen wir dann doch mal die Regisseurin entscheiden. grüße :)
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