Musikinstrumentenkartell

Smalltalk etc. - Halt alles was sonst nirgendwo reinpasst

Moderatoren: Clemens Erwe, Mods

Benutzeravatar
teloy
Mega User
Beiträge: 5611
Registriert: 08 Jan 2007 - 13:26
Logic Version: 0
Wohnort: berlin
Kontaktdaten:

Re: Musikinstrumentenkartell

Beitrag von teloy »

.....allles richtig.....allles witzig....und gleichzeitig alles mal so gar nicht lustig.....
...SHARE MUSIC FROM HAND TO HAND AND EAR TO EAR...
....coincidence is code.....RAW RUMBLE CODE.
Heiner
König
Beiträge: 933
Registriert: 01 Jul 2005 - 15:06

Re: Musikinstrumentenkartell

Beitrag von Heiner »

Es liegt mir fern, dir die Schwere des Themas nehmen zu wollen. Aber es sei der Hinweis gestattet, dass das Kartellamt generell keine Preisabsprachen genehmigt. Diese sind zwischen Händlern untereinander und mit Herstellern untersagt.

Im übrigen möchte ich mich nicht der allgemeinen Depression darüber anschliessen, dass nicht zuerst Preisabsprachen in der Pharmaindustrie geahndet wurden. Dass diese durchweg vom Staat ignoriert würden lässt sich durch eine Google Suche widerlegen.

Davon völlig unabhängig darf es auch keine Rangfolge für das Kartellamt geben, derzufolge die Musikinstrumentenindustrie nicht reguliert werden dürfe, weil es anderswo vermuteterweise auch Preisabsprachen gibt.

TLDR Es ist gut, dass das aufgeflogen ist.
Benutzeravatar
teloy
Mega User
Beiträge: 5611
Registriert: 08 Jan 2007 - 13:26
Logic Version: 0
Wohnort: berlin
Kontaktdaten:

Re: Musikinstrumentenkartell

Beitrag von teloy »

...das kartellamt genehmigt keine preisabsprachen....macht sinn...
ist schliesslich genau dagegen, also genau dafür gedacht und ins leben gerufen....
und soll ja bitte auch mal alles schön im sinne des erfinders bleiben....
ich fender mir mal eine....
...SHARE MUSIC FROM HAND TO HAND AND EAR TO EAR...
....coincidence is code.....RAW RUMBLE CODE.
Lichtenberg
Mitglied
Beiträge: 43
Registriert: 26 Mär 2020 - 13:05

Re: Musikinstrumentenkartell

Beitrag von Lichtenberg »

Thomann macht als Onlinehändler so vieles richtig und das auch richtig gut. Schnelle Lieferung, schnelle Abwicklung bei Ausübung des Widerrufsrechts, unkomplizierte Handhabung bei Geltendmachung von Mängelgewährleistungsrechten.

Dass Thomann nun aufgrund eines Bußgeldverfahrens ein Bußgeld in Millionenhöhe zahlen muss, ist eine echte Ansage.

Nach den Ermittlungen und Feststellungen des Bundeskartellamts hat Thomann mit Lieferanten (vertikal) Preise abgesprochen und hat dies ebenso mit Mitbewerbern (horizontal) gemacht. Bermekenswert ist, dass dies über einen Zeitraum von 12(!) Jahren nicht nur so gehandhabt wurde, sondern auch auch so lange unentdeckt blieb. Letztlich waren es wohl (andere) Mitbewerber, die gegenüber dem Kartellamt den Verdacht von Preisabsprachen zur Anzeige gebracht haben.

Neben dem verhängten Bußgeld können auf Thomann auch noch Schadensersatzansprüche von Käufern zukommen. Allerdings gehe ich davon aus, dass diese im überschaubaren Rahmen bleiben werden.

Gleichwohl: Da ich seit gut 10 Jahren keine Musik mehr mache und ebenso lang kein Kunde mehr von Thomann bin, interessiert mich:

Werden die Preisabsprachen von Thomann in der Vergangenheit und das Bußgeldverfahren bei einem hier anwesenden Musiker künftig Einfluss auf das Kaufverhalten haben? Falls ja: Warum? Oder macht man es wie Teloy und hakt die Angelegenheit mit Whataboutism ab? Kann man ja auch machen.

Mich interessiert das ernsthaft. Denn soweit ich das bisher sehen konnte, hat Thomann keine sog. Litigation PR (damit ist gemeint: das Austragen eines Rechtsstreits in der Öffentlichkeit, um Meinungen zu beeinflussen) betrieben.

Wird Tim als Forenbetreiber künftig auf Werbung von Thomann verzichten? Wird denmächst der Musikalienhändler um die Ecke wieder gestärkt? Werden künftig mehr Fender-Gitarren auf der Bühne kurz und klein geschlagen? Oder bleibt alles wie gehabt?

Meine unmaßgebliche Meinung dazu ist: Ich würde mir künftig überlegen, ob ich noch etwas bei Thomann kaufe. Sprich: Ich würde nach Alternativen schauen.
Benutzeravatar
Casanovasolutions
Routinier
Beiträge: 455
Registriert: 15 Dez 2017 - 22:56

Re: Musikinstrumentenkartell

Beitrag von Casanovasolutions »

Tim hat geschrieben: 06 Aug 2021 - 19:10 Schön wäre es doch wenn die Millionenstrafe dann an die geschädigten Kunden ausgeschüttet werden würde.
(hallo (clap)
Mac Mini M1, RME Babyface Pro FS & Motu M4, Adam Audio A4V, Ableton Push 2 & Live 11, Maybach Gitarren, Fractal Audio AxeFx III Turbo
imusic
Haudegen
Beiträge: 553
Registriert: 20 Aug 2002 - 14:58
Logic Version: 10
Wohnort: world
Kontaktdaten:

Re: Musikinstrumentenkartell

Beitrag von imusic »

ich nehme mal an, dass Thomann Kunden ungefähr gleich viel Zugesprochen bekommen wie VW Kunden ...
(aber auf Alle Fälle freut's Anwälte und den EU Kommissäre und den Bundesbeamten ... )
was man halt so braucht,... ;-) !
Benutzeravatar
wonshu
Postingminister
Beiträge: 2761
Registriert: 04 Nov 2003 - 8:18
Wohnort: 52°31'40.47"N 13°24'39.34"E
Kontaktdaten:

Re: Musikinstrumentenkartell

Beitrag von wonshu »

imusic hat geschrieben: 11 Aug 2021 - 9:35 (aber auf Alle Fälle freut's Anwälte und den EU Kommissäre und den Bundesbeamten ... )
Nein. Es freut auch mich.

Unlautere Geschäftspraktiken sind genauso Mist wie schlechte Politiker. Und wo "ach die Politiker sind alle Kacke" hinführt sehen wir ja gerade mit den Leerdenkern. Wir müssen die anständigen und engagierten Politiker stärken und die korrupten abwählen bzw. ihnen etwas entgegensetzen. Sonst können wir das mit den Staaten lassen, uns alle bis an die Zähne bewaffnen und ein bisschen Mad Max spielen. Darauf habe ich noch weniger Lust. </Ende Politik>
MacStudio M1, 128GB RAM, 1TB SSD, MetricHalo 2882 (3d Upgrade)
Benutzeravatar
bitzone
Lebende Forenlegende
Beiträge: 1519
Registriert: 28 Feb 2007 - 10:50
Wohnort: Münster
Kontaktdaten:

Re: Musikinstrumentenkartell

Beitrag von bitzone »

Lichtenberg hat geschrieben: 10 Aug 2021 - 23:32 Werden die Preisabsprachen von Thomann in der Vergangenheit und das Bußgeldverfahren bei einem hier anwesenden Musiker künftig Einfluss auf das Kaufverhalten haben? Falls ja: Warum?
Einfache Antwort: ja, weil es mich nervt.
Sobald ich von so etwas Kenntnis habe, ändere ich mein Kaufverhalten. Etwa Nestlé und Theo Müller Produkte kommen mir nicht mehr in's Haus. Auch wenn sich Thomanns Verfehlungen gegen Nestlés eher harmlos ausnehmen und mein Groll gegen die Schweizer deutlich tiefer sitzt, werde ich woanders kaufen, wenn möglich. Das Problem ist natürlich, dass die Shop-Auswahl im Instrumentenbereich deutlich geringer ist, als irgendwelche Joghurts im Kühlregal.
Zum Glück brauche ich kein Auto.

Was fehlt, ist eine Thomann-Mea culpa-Pressemeldung. Wenn die das einfach aussitzen, wird meine Laune jedenfalls nicht besser.
Lichtenberg
Mitglied
Beiträge: 43
Registriert: 26 Mär 2020 - 13:05

Re: Musikinstrumentenkartell

Beitrag von Lichtenberg »

@bitzone

Ich fasse mal zusammen: Wenn sich etwas ändern soll, dann muss jeder bei sich selbst anfangen. Korrekt?

Die Bilanzen der Thomann GmbH sind öffentlich einsehbar. Die Bilanz vom Geschäftsjahr 2019 (Stichtag 31.12.2019) habe ich mir mal angeschaut. Jemand Interesse?

Thomann hat 2019 einen Gewinnvortrag von 201.304.116,91 € in der Bilanz ausgewiesen. Allein Ende 2019 wurde ein Überschuss von 55.305.862,91 € erwirtschaftet. Die Thomann GmbH ist Eigentümerin von Grundstücken oder grundstücksgleichen Rechten in Höhe von 55.305.862,91 €. Allein der Warenbestand hatte Ende 2019 einen Wert von 95.707.783,73 €. Dem gegenüber stehen Verbindlichkeiten von rund 60 Millionen Euro.

Ich will hier keine vertiefte Bilanzanalyse betreiben. Man kann aber salopp sagen: Das Unternehmen steht sehr gut da, ist ziemlich vermögend und ein für die Gesellschafter sehr lukratives Geschäft.

Ausweislich der Gewinn- und Verlustrechnung zahlte die Thomann GmbH an Löhne und Gehälter rund 50 Millionen Euro (darin enthalten ist das Geschäftsführergehalt von Hans Thomann). Und wie gesagt: Der operative Gewinn für 2019 beträgt (dennoch) rund 55 Millionen Euro.

Man hat es also mit (sehr) reichen Leuten zu tun.

Bleibt die Frage: Warum haben die Preisabsrpachen betrieben? Denn: Sämtliche am Unternehmen Beteiligte dürften kaum finanzielle Sorgen haben.

Wer sich die Bilanz von 2019 anschauen möchte: https://www.unternehmensregister.de/ure ... age.3=page

Edit:

Das verhängte Bußgeld gegenüber der Thomann GmbH (sie müssen nur einen Teil der insgesamt verhängten 21 Millionen Euro zahlen) ist vergleichsweise so gering, dass es für ein Umdenken der Geschäftsführung faktisch untauglich ist. In der Bilanz von 2021 wird die Zahlung des Bußgeldes jedenfalls nicht auffallen.
Zuletzt geändert von Lichtenberg am 11 Aug 2021 - 22:25, insgesamt 1-mal geändert.
Benutzeravatar
bitzone
Lebende Forenlegende
Beiträge: 1519
Registriert: 28 Feb 2007 - 10:50
Wohnort: Münster
Kontaktdaten:

Re: Musikinstrumentenkartell

Beitrag von bitzone »

Lichtenberg hat geschrieben: 11 Aug 2021 - 22:09 Wenn sich etwas ändern soll, dann muss jeder bei sich selbst anfangen. Korrekt?
Fangfrage?
Was sonst, viel mehr geht ja meist nicht.
Lichtenberg hat geschrieben: 11 Aug 2021 - 22:09 Bleibt die Frage: Warum haben die Preisabsrpachen betrieben?
Aus Feigheit oder Gier handelt man so, nehme ich an. Obschon Feigheit die Beziehung T<->MS sicherlich nicht trifft.
Lichtenberg
Mitglied
Beiträge: 43
Registriert: 26 Mär 2020 - 13:05

Re: Musikinstrumentenkartell

Beitrag von Lichtenberg »

bitzone hat geschrieben: 11 Aug 2021 - 22:24
Lichtenberg hat geschrieben: 11 Aug 2021 - 22:09 Wenn sich etwas ändern soll, dann muss jeder bei sich selbst anfangen. Korrekt?
Fangfrage?
Nein. Das war keine Fangfrage. Ich finde Deinen Standpunkt gut und halte ihn für richtig.
Lichtenberg
Mitglied
Beiträge: 43
Registriert: 26 Mär 2020 - 13:05

Re: Musikinstrumentenkartell

Beitrag von Lichtenberg »

Casanovasolutions hat geschrieben: 11 Aug 2021 - 7:23
Tim hat geschrieben: 06 Aug 2021 - 19:10 Schön wäre es doch wenn die Millionenstrafe dann an die geschädigten Kunden ausgeschüttet werden würde.
(hallo (clap)
Die klatschende Zustimmung halte ich nicht für richtig. Ein Bußgeld ist ein Bußgeld. Man kann auch sagen: Eine Strafe.

Mit dieser Strafe sollen nicht Geschädigte wie auch immer "befriedigt" werden. Denn wenn man damit Geschädigte befriedigen würde, dann würde die Strafzahlung letztlich dazu führen, dass potentielle Ansprüche der Kunden aus der Strafzahlung befriedigt werden würden. Thomann würde also auf diese Weise von der Verpflichtung entbunden werden, einen Schaden aus den einzelnen Vertragspflichtverletzungen(gegenüber Kunden) begleichen zu müssen.

Potentielle Schadensersatzzahlungen kommen aber für Thomann noch "on top".

Will sagen: Thomann soll das Bußgeld bezahlen (das ist gewiss schon geschehen) und zusätzlich(!) etwaige Schäden bei den Kunden ausgleichen.

Und: Die können das auch zahlen. Es steht nicht zu befürchten, dass Thomann morgen pleite ist und die geschädigten Kunden insofern leer ausgehen.
Benutzeravatar
bitzone
Lebende Forenlegende
Beiträge: 1519
Registriert: 28 Feb 2007 - 10:50
Wohnort: Münster
Kontaktdaten:

Re: Musikinstrumentenkartell

Beitrag von bitzone »

Lichtenberg hat geschrieben: 11 Aug 2021 - 22:45 Will sagen: Thomann soll das Bußgeld bezahlen (das ist gewiss schon geschehen) und zusätzlich(!) etwaige Schäden bei den Kunden ausgleichen.
Falls das passieren sollte, wovon ich gerade nicht ausgehe, und sich das steuerlich absetzen ließe, wovon ich gerade ausgehe, würden sie es sicherlich tun.
Vielleicht hat der Hans aber auch den bösen Unterentscheider längst entlassen, windet sich geradezu vor Scham, bittet seine Kundschaft zusätzlich um Vergebung und heiratet hernach eine Prinzessin.
Lichtenberg
Mitglied
Beiträge: 43
Registriert: 26 Mär 2020 - 13:05

Re: Musikinstrumentenkartell

Beitrag von Lichtenberg »

Oh ja ... und da ist das Problem (oder auch zwei Probleme):

1. Was ist ein in Bezug auf die Preisabsprachen "geschädigter" Kunde? - Das wird wohl ein Kunde sein, der ohne(!) Preisabsprache weniger Geld für den Kauf seiner Musikalien bezahlt hätte müssen. Der Kunde müsste also genau das belegen (besser: beweisen) können. Aber selbst wenn(!) er es kann: Was hat er damit bewiesen? Dass er für die Fender-Gitarre ohne Preisabsprache 100 Euro weniger gezahlt hätte? Angenommen, er könnte es belegen: Will er (der Kunde) das überhaupt durchziehen? - Und weiter: Wie viele Kunden von Thomann wird es wohl geben, die überhaupt auf die Idee kommen, dass sie womöglich "abgezockt" wurden?

2. Können etwaige Schadensersatzzahlungen von Thomann steuerlich geltend gemacht werden? Ja! Grundsätzlich schon. Schadensersatzzahlungen vermindern den zu versteuernden Gewinn. Eine Ausnahme besteht nur dann, wenn die Schadensersatzzahlung aufgrund einer deliktischen Handlung erfolgte. Ob das vom zuständigen Finanzamt geprüft wird: Ich glaube nicht.

ABER: Thomann ist ein extrem kundenfreundliches Unternehmen. Und scheiße ja: Die werden das kundenfreundlich handhaben. Das steckt praktisch in deren DNA. Wenn also ein vermeintlich geprellter Käufer Ansprüche geltend macht, dann gehe ich davon aus, dass Thomann das unbürokratisch handhaben wird. Dann sind alle zufrieden. Also: Es sind alle zufrieden, die gemeint haben, dass sie übervorteilt wurden. Und ich denke nicht, dass es viele von diesen Kunden geben wird.

Teloy! Wie sieht es bei Dir aus?

Am Ende: Wenn die Kunden von der Thomann GmbH nicht reagieren, dann reden wir hier über einen Sturm in einem Wasserglas.
Benutzeravatar
bitzone
Lebende Forenlegende
Beiträge: 1519
Registriert: 28 Feb 2007 - 10:50
Wohnort: Münster
Kontaktdaten:

Re: Musikinstrumentenkartell

Beitrag von bitzone »

Music-Store-Geschäftsführer äußert sich: https://www.gitarrebass.de/stories/inst ... sert-sich/
Antworten