Häschen hat geschrieben: ↑16 Nov 2020 - 12:03
Was ich nicht dazu geschrieben habe, ist, dass ich für den Kollegen 'ne optimale, sprich latenzarme Aufnahmesituation schaffen will.
Logic hat ja den Low Latency Modus, aber ich weiß nicht genau wie sich der bei Aufnahmen mit Plugin Amps verhält.
teloy hat geschrieben: ↑16 Nov 2020 - 14:09
....steinigt mich, wenn ihr wollt, aaaber...
...da ich sowas ja ab und zu mache, hab ich dazu auch schon lange gewisse Dinge festgestellt.
Wie immer sind die ketzerisch, weil ich ja vor Dogmen keinen Respekt habe.
Also, ich hab mein Leben lang Gitarren & Bässe nicht nur gehört, sondern auch aufgenommen. Überall, in jeder Situation, live oder im Studio, unter der Bettdecke oder im Wohnzimmer, digital oder analog, auf jede Sorte Tonband von Cassette bis 2", jede Art von Gitarren, jede Art von Amps, standalone oder im Rechner, mit echten oder virtuellen Röhren...you name it.
Und ich bin kein Gitarrist, lass mich aber davon zuweilen auch nicht abhalten, ebenfalls schon mein Leben lang und zu allem Überfluß nehme ich sogar DAS manchmal auf.
Was ich also auch als Nicht- (oder besser: Anti-)Gitarrist weiß, ist ganz sicher eins: Was Gitarren (& Bässe) alles können.
Und an der Stelle ist der wichtigste Tipp auch schon fast ausgesprochen:
Man muss einfach nur wissen, was man will, und dann bekommt man das auch hin - egal womit.
Und als ich noch voll im Wahn und im Geschäft war, musste es natürlich immer das Beste sein.
Ich hatte z.B. sowas wie einen originalen Tube Screamer, weil der ja so irre legendär ist...wie jeder Gitarrist weiß.
Problem: Ich konnte als Nicht-Gitarrist so gut wie nichts damit anfangen.
Und dann begegnete mir ein Studiopraktikant, es muss so Ende der 90er gewesen sein, welcher wie es so oft vorkam, neiderfüllt auf die kleine grüne Schachtel starrte, aber am nächsten Tag selber mit einer kleinen Schachtel ankam, die mir völlig unbekannt war. Er sollte mir ein paar Sachen einspielen für ich-weiß-nicht-mehr-was und wollte damit erst mal in der Regie probieren, was ich so von ihm wollte, so dass wir noch nicht aufbauen, mikrofonieren und keinen großen Krach machen mussten. Kabel in die Schachtel, noch ein Kabel ins Pult und los.
Langer Rede kurzer Sinn: Das Aufbauen haben wir uns gespart und sind bei genau dem Setup geblieben.
Und als wir fertig waren hab ich ihm gesagt, dass er den Tube Screamer haben kann, wenn er mir seine kleine Schachtel dafür gibt.
Hat er natürlich gemacht, denn der TS war damals schon deutlich wertvoller...also noch nicht so, dass er mit Gold aufgewogen wird wie heute, aber doch schon nennenswert.
Und nun wiederhol ich nochmal, was ich oben gesagt habe...
Als Produzent muss man vor der Aufnahme wissen, was man will. Und zum Einen beinhaltet das, dass man weiß, wie man zum Ziel kommt.
Also bei Gitarren z.B. weiß, dass man für eine bestimmte Vision eben 'ne Tele und einen Fender Twin Reverb braucht, vor dem ein 421 hängt.
Zum Anderen aber vor allem auch, dass du weißt, wie du's hinbekommst, wenn der Gitarrist leider gerade 'ne Pauler und einen VOX hat, der mit nem SM-58 abgenommen werden muss.
Und wenn du das erst mal weißt, dann ist die Schachtel genauso gut wie ein Kemper wie ein Twin Reverb wie ein Vox wie ein Line 6 - nur ohne 2 Stunden schrauben, sondern mit in 2 Minuten gefunden haben.
Heute mach ich damit alle Bässe und alle Gitarren, die ich hier bei mir aufnehme. Und ich bekomm damit alles hin, was ich will. Alle Sounds in meinem Jingle von vorletzter Woche kommen da raus.
Und der Gitarristenkumpel war einer der besten Studiogitarristen Deutschlands, welcher damit auch kein Problem hatte. 7 Spuren hat er gespielt, drei Spuren und den Bass hab ich selber verbrochen.
Natürlich passiert da in der Mischung noch was in Richtung Aufräumen und Anpassen, aber das würde bei Aufnahmen mit "klassischen" Setup ja genauso passieren.
Fazit: Also ja, wenn Studio, dann gern Marshall und zwei 4x12er - aber wenn nicht, dann isses auch kein Problem.
Und ich weiß, das wird mir jetz wieder keiner glauben...aber genauso isses:
Was wollt ich damit sagen ?
Alles probieren und Dogmen loslassen.
Ja, Kemper is ne Ansage und wenn man in HH in nem Musical-Orchestergraben sitzt und alle 30 Sekunden einen anderen, exakt vorgegebenen Sound reproduzieren muss, um der automatisierten Mischung keine Bomben zu werfen, sicher eine gute Wahl.
Aber die Frage ist immer, will man Musik machen oder manisch sein und nicht können, solange man nicht noch dieses...und jenes...und das Beste...denn sonst kann man ja nicht...?
Als Produzent ist dein Job, es hinzubekommen - so oder so. Das WIE interessiert niemanden. Genauso wie es niemanden interessiert, wie lange du an dem 480L rumgeschraubt hast oder ob die Vox Humana-Melodie aus 'nem liebevoll restaurierten Polymoog, aus dem MiniNova oder dem IK SampleTank kommt.
Puh.
Danke für die Aufmerksamkeit.
"The greatest obstacle in the advancement of science is the illusion of knowledge - the notion that one already knows the answers."