Geheimagent hat geschrieben: ↑22 Nov 2020 - 2:48
Gerade bei Bässen habe ich festgestellt, dass die im Laden besser klingen, welche die frischesten Saiten draufhaben.
Nunja. Deswegen red ich ja immer gegen das, was im Laden passiert...
Das hat mit real life so gut wie nie irgendwas zu tun. Genauso wie Tests...da weiß man auch nie, wo da was von wem und in welche Richtung manipuliert ist.
Aber es hat schon einen Grund, warum ich die Saiten seit 35 Jahren drauf habe. Und es ist nicht die Vintage-Nostalgie oder irgendein "ooh, er hat meine Saiten berührt".
Es ist einfach so, dass es ganz fantastisch klingt, ganz genau so, wie ich es will - und im Gegensatz zu frischen Saiten (das Grauen !) unglaublich benutzbar ist.
Denn es verändert sich seit 35(*) Jahren eben nicht.
Das bedeutet auch, dass es sich von Tag 1 bis Tag X einer Produktion nicht verändert. Man kann also noch am letzten Tag in eine Spur vom ersten Tag reindroppen.
Ich könnte heute Gero Drnek in eine Basspur von
The Hearing And The Sense Of Balance reindroppen lassen (ok, seit gestern natürlich nur, wenn ich den alten PU wieder einbaue,).
Und genau dafür ist das Ding auf unzähligen Platten und von unzähligen Musikern im Studio lieber gespielt worden als ihr frisch besaiteter Egalwas.
Weil aus denen nämlich nie ein vernünftiger Ton rauskommt - und er sich alle 5 Minuten verändert.
Ich hasse frische Saiten wie die Pest. Die sind nichts als 'ne echte Arbeitsverhinderungsmaßnahme.
Und wenn sich die Gelegenheit ergeben hat, es dem Bassisten vor der Aufnahme mitteilen zu können, etwa weil er gefragt hat, hab ich immer darum gebeten, bitte keine neuen Saiten aufzuziehen, wenn's geht. Beim Bass ist das nach meinem Dafürhalten völlig latte, zumindest, wenn es sich im weitesten Sinne um Pop und Rock handelt.
Was Anderes ist das natürlich, wenn man allein im Kämmerlein an seinem Heldenmythos arbeitet. Dann erfordert auch das Tuch, mit dem man den Hals abwischt, noch eine halbjährige Recherche...is mir alles klar.
Noch schlimmer bei Gitarren, wo sich neue Saiten bereits nach der ersten Strophe so weit verstimmt haben, dass man zum Chorus neu stimmen muss. Nur da braucht man leider tatsächlich öfter mal neue.
Ne Akustik mit ollen Saiten is leider wirklich nich mehr so das Wahre...aber es nervt halt wie Yoko Ono.
Live mag das alles durchgehen, das lebt vom Moment - der ja danach auch sofort vorbei ist. Aber im Studio, no way, da fallen einem regelmäßig die Zähne aus...manchmal schon, nachdem man ein Riff dreimal geübt und bevor man es ein einziges Mal aufgenommen hat. Regelmäßig hab ich bei neuen Saiten auch auf die gerade gespielten Chords stimmen lassen, weil es anders nicht ging.
Und der Witz ist, die Musiker haben das ganz oft nicht gewußt und sich gewundert, wieso ich das plötzlich bemängele...oder dachten nicht selten, ich will sie verarschen.
Der Blick auf's Stimmgerät hat sie dann noch mehr gewundert, weil es nicht lügt.
Nach zwei, drei Stunden sieht die Sache dann endlich anders aus - nur der erste Glanz ist dann auch schon weg.
Dafür kann man dann aber mehr als anderthalb Minuten am Stück vernünftig arbeiten. So hat alles seine Vor- und Nachteile...
Manchmal komm ich mir auch schon bisschen doof vor, weil ich echt so viel anders sehe und mache als es im Buche steht.
Aber ich mach meine Sachen nur so, weil sie sich bewährt haben.
To the best of my knowledge - and in lack of a better way yet. Es ist kein Protestbedürfnis, auch wenn's bestimmt oft so aussieht.
(*In echt weiß ich gar nicht genau, wann ich die Saiten wirklich aufgezogen habe...es muss irgendwann zwischen 1985 und 88 gewesen sein.)