Messing Sattel

Instrumente/ Instrumentenkunde, Arrangement/Songwriting, Musik Wissenschaft & Geschichte

Moderatoren: hugoderwolf, Mods

Antworten
Benutzeravatar
lonely
König
Beiträge: 849
Registriert: 09 Apr 2004 - 17:18
Wohnort: Deutschland
Kontaktdaten:

Messing Sattel

Beitrag von lonely »

Mal eine Bitte an Gitarristen (und alle anderen :P ):

Pro/Kontra Messing-Sattel. (hallo

Ich fang mal an:

Pro: Kein Klangunterschied zu gegriffenen Tönen.
Tremolo-Action sensationell stimmungsstabil.
Kontra: (mosh) ...null.
http://www.garemu.de/ "Weltgrößtes, schönstes, lustigstes aber trotzdem teuerstes, bestriechendstes, ältestes (gegr. anno 735 AD) Studio."
Benutzeravatar
Peter Ostry
Mediator
Beiträge: 11704
Registriert: 13 Okt 2004 - 14:54
Logic Version: 0
Wohnort: Niederösterreich

Re: Messing Sattel

Beitrag von Peter Ostry »

Mit pro und kontra ist das nicht zu beantworten.

Wenn dir der fast gleiche Klang wichtig ist, sage ich ja. Ganz gleich ist der Klang nicht, weil eine leere Saite mehr Sustain hat. Die Kerben im Messingsattel dürfen nicht tief sein, sonst wird die Bearbeitung derselben schwierig (scharfkantig vs. zu rund).

Aber:
Klemmen darf eine Saite im Sattel sowieso nicht. Für Verstimmung beim Tremolo mache ich eher die Wechselbelastung der Wicklungen in den Mechaniken, als die Gleitfähigkeit der Saiten im Sattel verantwortlich. Nach dieser Ansicht bringen weder Messing-, noch Graphitsättel viel, weil sie nur das Rutschen verbessern, das für die Verstimmung kaum verantwortlich ist. Allein vom Austausch des Sattels versprichst du dir meiner Meinung nach zu viel. Klang ja, Stimmstabilität nein.

Was immer hilft:
Auf der Achse so wenig Windungen wie möglich, das Ideal wäre gar keine. Locking-Mechaniken mit einer, maximal zwei Windungen sind schon recht gut.

Die sichersten und wirkungsvollsten Methoden:
Schraubklemmen hinter dem Sattel oder (für gleichen Klang) Schraubklemmen und statt dem Sattel ein Nullbund. In beiden Fällen braucht man am anderen Ende Feinstimmer. Beide Methoden bedeuten somit Komplettumbau inklusive Brücke.

——

Anekdote:

Als mir an einer Gitarre der Sattel brach, habe ich vorübergehend einen Schraubenzieher eingelegt, den jemand dabei hatte. Mir gefiel der Klang, habe den Schraubenzieher behalten, abgeschnitten und ganz leicht gekerbt. Es gibt aber drei Voraussetzungen dafür:
  • Die Saiten müssen vom Sattel zu den Mechaniken hin parallel verlaufen.
  • Der Knickwinkel muss so groß sein, dass die Saiten seitlich nicht rutschen können.
  • Die Gitarre muss so schlecht sein, dass die verschlechterte Tonübertragung zum Hals auch schon egal ist.
Es ist ein Brauch von alters her:
Wer Sorgen hat, hat auch Likör!
Benutzeravatar
Notator
Doppel-As
Beiträge: 131
Registriert: 29 Dez 2009 - 9:23
Logic Version: 9
Wohnort: Ruhrgebiet

Re: Messing Sattel

Beitrag von Notator »

Peter Ostry hat geschrieben: [*]Die Gitarre muss so schlecht sein, dass die verschlechterte Tonübertragung zum Hals auch schon egal ist.[/list]
Was genau habe ich mir unter einer Tonübertragung zum Hals vorzustellen?
iMac 27" 2019 - 24 GB Ram, Steinberg UR22, Axon RX100 Guitar to Midi, JBL LSR 305, Logic 9 und X
Benutzeravatar
lonely
König
Beiträge: 849
Registriert: 09 Apr 2004 - 17:18
Wohnort: Deutschland
Kontaktdaten:

Re: Messing Sattel

Beitrag von lonely »

Peter Ostry hat geschrieben:Die sichersten und wirkungsvollsten Methoden:
Schraubklemmen hinter dem Sattel oder (für gleichen Klang) Schraubklemmen und statt dem Sattel ein Nullbund. In beiden Fällen braucht man am anderen Ende Feinstimmer. Beide Methoden bedeuten somit Komplettumbau inklusive Brücke.
Stimme ich voll zu! Nachdem ich sehr lange so unterwegs war und immer im Hinterkopf hatte-wenn jetzt eine Saite reisst ...ooohhh-Saitenwechsel mit Lock-Nut-ein Graus (Ersatzgitarre mitschleppen war mir fast immer zu lästig); deswegen bin ich jetzt eher für die "freiere" Lösung:
Messing-Sattel!
Oder Roller-Nut (Fender LSR) - beide mit Lock-Tuners, wobei mir der LSR-Roller-Nut etwas suspekt ist. Wenn ich beide vergleiche-rein optisch-der LSR mit seinen Röllchen (außerdem passt der ohne großen Aufwand nur auf eine-echte-Strat) und die Einfachheit des Messing-Sattels.
Bei beiden kann ich mindestens eine kl. Terz runterpitchen-funzt!
Peter Ostry hat geschrieben:Klemmen darf eine Saite im Sattel sowieso nicht.
Ja! Ja! Ja!
Peter Ostry hat geschrieben:Für Verstimmung beim Tremolo mache ich eher die Wechselbelastung der Wicklungen in den Mechaniken, als die Gleitfähigkeit der Saiten im Sattel verantwortlich
Ja! Ja! Ja!
Peter Ostry hat geschrieben:Ganz gleich ist der Klang nicht, weil eine leere Saite mehr Sustain hat.
Hä? Wieso das denn.
(rtfm) (mosh)
http://www.garemu.de/ "Weltgrößtes, schönstes, lustigstes aber trotzdem teuerstes, bestriechendstes, ältestes (gegr. anno 735 AD) Studio."
Benutzeravatar
Peter Ostry
Mediator
Beiträge: 11704
Registriert: 13 Okt 2004 - 14:54
Logic Version: 0
Wohnort: Niederösterreich

Re: Messing Sattel

Beitrag von Peter Ostry »

lonely hat geschrieben:ooohhh-Saitenwechsel mit Lock-Nut-ein Graus
Ach geh, lass die Klemme halb offen, dann isses wie ohne. Wenn die Stimmung stabil ist (vermutlich erst zuhause) schraubst du wieder fest.
Peter Ostry hat geschrieben:Ganz gleich ist der Klang nicht, weil eine leere Saite mehr Sustain hat.
lonely hat geschrieben:Hä? Wieso das denn.
Physik. Auf dem Griffbrett drückt dein weicher Finger die Saite irgendwo auf einen Bundsteg und meist an Punkten, die keine ganzzahligen Teilungen der Saitenlänge sind. Die Leersaite kann hingegen voll schwingen und direkt an den fixen Befestigungen an Sattel und Steg zerren. Übrigens ein Grund, warum ich begonnen habe, Guzheng zu spielen. Da gibt es nur Leersaiten. Die haben dann auch die Persönlichkeit, sich ungern beherrschen zu lassen :-)
Es ist ein Brauch von alters her:
Wer Sorgen hat, hat auch Likör!
Benutzeravatar
milchstrasse7
Mega User
Beiträge: 5383
Registriert: 24 Jun 2003 - 12:46
Logic Version: 10
Wohnort: Unterföhring
Kontaktdaten:

Re: Messing Sattel

Beitrag von milchstrasse7 »

Genau solchen (und vielen anderen) Überlegungen ist ein Professor der Uni Regensburg auf den Grund gegangen.
Mit teils lustigen aber nicht unerwarteten Ergebnissen.

gitec-forum

Meine Erfahrung mit meiner Tikkibird: ich hab die Brücke mit den Plastikreitern gegen eine mit (Stahl-) Rollen erstetzt.
Ergebnis: mehr Sustain ind das Bigsby ist stimmstabiler.
hier herrscht permanenter Aufnahmezustand
http://www.toersiep.com
Benutzeravatar
lonely
König
Beiträge: 849
Registriert: 09 Apr 2004 - 17:18
Wohnort: Deutschland
Kontaktdaten:

Re: Messing Sattel

Beitrag von lonely »

OK!
Eine leere Saite hat deshalb mehr Sustain, d.h. sie schwingt deshalb länger, weil sie eben länger ist und deshalb mehr träge Masse vorhanden ist als ein gegriffener Ton der somit kürzeren Saite-mehr Masse > längerer Bremsweg :lol:
Eine leere Saite klingt deshalb "besser", weil mehr (von Menschlein hörbare) Obertöne zu vernehmen sind. Der "weiche" Finger drückt ja die Saite auf der nichtschwingenden Seite des Metall-Bundstabes. Falls der Druck zu niedrig wäre, würde der Kontakt abbrechen, und die Saite wird abgebremst, wenn nicht gar gestoppt in ihrem Schwingungszustand.

Also sorry-für mich ist das ab einer - ich sag mal - mikroskopischen Detailtiefe Quatsch 8)

Wie will man alle möglichen Parameter einrechnen? Hä? Luftdruck? Temperatur? Luftbewegung? Anschlags-stärke, -winkel, -material, -geschwindigkeit, etc.?
Bei E-Gitarren - Wechselwirkungen mit dem Amp (Feedback), mit den Pickups (Magnete), usw., usf.

Also meine Damen und Herren, genug Pause gemacht-jetzt wieder spielen.
Soll doch der Professor Abhandlungen schreiben, letztlich kann niemals alles eingerechnet werden-alle Parameter, jedes Material unter jeglichem Umwelteinfluss (Fliegenschiss, tropfender Schweiss des zupfenden Menschen, Moleküle des Nebels aus der Maschine, Photonen der Lasershow (sw) )
(bang)
http://www.garemu.de/ "Weltgrößtes, schönstes, lustigstes aber trotzdem teuerstes, bestriechendstes, ältestes (gegr. anno 735 AD) Studio."
Benutzeravatar
Peter Ostry
Mediator
Beiträge: 11704
Registriert: 13 Okt 2004 - 14:54
Logic Version: 0
Wohnort: Niederösterreich

Re: Messing Sattel

Beitrag von Peter Ostry »

milchstrasse7 hat geschrieben:... ein Professor der Uni Regensburg ...
... Meine Erfahrung mit meiner Tikkibird: ich hab die Brücke mit den Plastikreitern gegen eine mit (Stahl-) Rollen erstetzt. Ergebnis: mehr Sustain und das Bigsby ist stimmstabiler ...
Das ist logisch, Plastik dämpft die Schwingung aufgrund der elastischen Molekülverbindungen. Stimmstabiler wird es hingegen nur, wenn die Lager der Plastikrollen zu viel Spiel haben oder zu schlecht sind, in der Regel sind das einfache Gleitlager.

Der Einsatz von Metall bei Lagern und Rollen verbessert die Gesamtperformace gegenüber dem gängigem Plastikmaterial, wobei der Ton etwas heller wird. Teflon wäre wieder eine andere Geschichte, da würde man vermutlich keine Rollen brauchen. Tests stehen allerdings in Ermangelung von entsprechenden Gitarren noch aus.

Das sagt man nicht nur in Regensburg, sondern auch an der Uni Michelndorf. Ist also weltweit erforscht.
Es ist ein Brauch von alters her:
Wer Sorgen hat, hat auch Likör!
Benutzeravatar
muki
Mega User
Beiträge: 6288
Registriert: 18 Mai 2003 - 0:51
Logic Version: 0
Wohnort: wien

Re: Messing Sattel

Beitrag von muki »

> Locking-Mechaniken mit einer, maximal zwei Windungen sind schon recht gut.

ne ne ne: da reichen 0 windungen

also so, wie es auf fenders webpage einmal beschrieben stand:
tuner loecher entsrechend einstellen
hohe e-saite: 13h, h-saite: 14h, g + d: 15h, a: 16h ,e: 17h
einfaedeln, anspannen, lock fixieren, abschneiden und stimmen

da hab ich bei ner strat auf der tiefen e, max eine 1/8 windung
und dann oben auf der hohen e etwa eine dreiviertel windung (eher weniger)


funktioniert bei mir bestens

da braucht es ja keine windungen, ist ja durch den lock fixiert

ad sattel:
mein git-doc mag keine roller nuts, weil man mit
denen die saitenhoehe nicht mehr individuell einstellen kann
und: ja, gerade auch am sattel kann man mit individuellen kerben
noch viel in sachen saitenlage rausholen

> letztlich kann niemals alles eingerechnet werden

das sicher nicht, aber wenn ich mit meinem git-doc spreche,
merke ich schon jahrzehntelange erfahrung, die halt schon auch
ziemlich genau diese+jene holzart, diese+jene sattel/bund/bruecke-material
etc etc etc weiss…

> Moleküle des Nebels

….was, glaube ich, bzw hoere ich auch immer wieder,
zumeist die FINGER des spielers, aka gitarrist, ist
DER macht den ton…

…wo es ja immer wieder lustige geschichten gibt in der art:
nach dem hendrix/jeff beck konzert nimmt der buehnentechniker die gitarre,
wagt es und traut sich einen akkord snzuschlagen und
ist entsetzt, weils komplett verstimmt und nach ueberjaupt nichts klingt…

just my 0,02,-
muki
Benutzeravatar
Peter Ostry
Mediator
Beiträge: 11704
Registriert: 13 Okt 2004 - 14:54
Logic Version: 0
Wohnort: Niederösterreich

Re: Messing Sattel

Beitrag von Peter Ostry »

Ok, 0 Windungen. Man kann ja reden drüber.
muki hat geschrieben:mein git-doc mag keine roller nuts
Neubauer?
Der mag auch keine Messingsättel :-)
Es ist ein Brauch von alters her:
Wer Sorgen hat, hat auch Likör!
Benutzeravatar
Peter Ostry
Mediator
Beiträge: 11704
Registriert: 13 Okt 2004 - 14:54
Logic Version: 0
Wohnort: Niederösterreich

Re: Messing Sattel

Beitrag von Peter Ostry »

lonely hat geschrieben:Eine leere Saite hat deshalb mehr Sustain, d.h. sie schwingt deshalb länger, weil sie eben länger ist und deshalb mehr träge Masse vorhanden ist als ein gegriffener Ton
Nein. Dann würden mit normalem Sattel die Saiten am ersten Bund genauso klingen wie leer. Tun sie aber nicht. Das hat mehrere Gründe.
lonely hat geschrieben:Also sorry-für mich ist das ab einer - ich sag mal - mikroskopischen Detailtiefe Quatsch 8)
Das geht vielen Leuten so. Aber der Gitarrenbau muss sich mit solchem Quatsch beschäftigen, sonst hätten wir noch immer Lyras oder bestenfalls Lauten. Für die Saitenhersteller ist es noch trockener, bei denen entscheiden minimale Unterschiede in Material und Verarbeitung.
Es ist ein Brauch von alters her:
Wer Sorgen hat, hat auch Likör!
Benutzeravatar
muki
Mega User
Beiträge: 6288
Registriert: 18 Mai 2003 - 0:51
Logic Version: 0
Wohnort: wien

Re: Messing Sattel

Beitrag von muki »

> Neubauer?

ja

> Der mag auch keine Messingsättel :-)

kann ich mir vorstellen

ich bin nur mal bei ihm angetanzt mit einer beck-strat
die hat noch den alten wilkinson roller-nut (split version)
da hat er gleich zum meckern angefangen
und es mir erklaert

und, imho: recht hat er

viel zu hohe saitenlage sattelseitig
kann man aber nicht viel machen…

…ansonsten ist so ein rollernut halt ziemlich sehr sehr stimmstabil :-)

> Aber der Gitarrenbau muss sich mit solchem Quatsch beschäftigen

da hast du vollkommen recht
da ist mitunter jeder hundertstel millimeter entscheidend

aber @ threadersteller:

bevor wir hier alle ein philosophisches kolloquium veranstalten:
probiers doch einfach aus! :-)

locking tuners kann ich auf jeden fall empfehlen:
macht das saitenwechsel-stimmen-leben deutlich schneller und lustiger
speziell bei fliegender bruecke sehr viel angenehmer
muki
Benutzeravatar
milchstrasse7
Mega User
Beiträge: 5383
Registriert: 24 Jun 2003 - 12:46
Logic Version: 10
Wohnort: Unterföhring
Kontaktdaten:

Re: Messing Sattel

Beitrag von milchstrasse7 »

Die Null-Windung-Mechanik von

Steinberger

Dämpfung bei Stahl/Messing/Kupfer ist für Gitarre völlig wurscht.
Ebenso ob sie aus Ahorn oder Mahagoni oder Esche ist.

Entscheidend sind erstmal feste Vebindung, Saite und Pickup sonst nix.
hier herrscht permanenter Aufnahmezustand
http://www.toersiep.com
Benutzeravatar
Peter Ostry
Mediator
Beiträge: 11704
Registriert: 13 Okt 2004 - 14:54
Logic Version: 0
Wohnort: Niederösterreich

Re: Messing Sattel

Beitrag von Peter Ostry »

milchstrasse7 hat geschrieben:Dämpfung bei Stahl/Messing/Kupfer ist für Gitarre völlig wurscht.
Hörbare Dämpfung gibts ja nur bei relativ weichem Material, also Plastik. Ist am Sattel meistens auch erwünscht. Mit einem Messingsattel kommt das weg und die Frage ist nur, ob es einem so gefällt.

Als Auflage/Rolle an Steg/Brücke gehört bei E-Gitarren sowieso Metall. Nur Jazzer, die nicht Gibson spielen, bekommen eine Sondergenehmigung für andere Materialien.

——

Um zur ursprünglichen Frage zurückzukommen:
lonely hat geschrieben:Pro: Kein Klangunterschied zu gegriffenen Tönen.
Bei einem Messingsattel ist das nicht so. Nur bei einem Nullbund. Hörst du auch mit einem Capo am ersten Bund.
Es ist ein Brauch von alters her:
Wer Sorgen hat, hat auch Likör!
Antworten