Dynamische Multiband Plugins verdünnen Höhen?

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Peter Ostry
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Dynamische Multiband Plugins verdünnen Höhen?

Beitrag von Peter Ostry »

Ich hab hier hohe Töne von ca. 2 kHz aufwärts bis gehtnichtmehr. Um einige zu zähmen, brauche ich einen Multiband Limiter. Nun fiel mir auf, dass fast alle meine Multiband Limiter die Höhen verändern, wenn ich sie nur einsetze, ohne dass sie aktiv etwas tun.

Der Klang in den Höhen wird nicht dumpfer oder leiser, aber es fehlt etwas, er ist weniger, dünner, vielleicht kann man auch "leerer" sagen. Kein großartiges Aha-Erlebnis, aber wenn man grade im Sounddesign und Spitze-Ohren-Modus ist merkt man das und kann es mit Bypass bestätigen.

Ist euch das auch schon aufgefallen? Kommt das vielleicht von der Trennung in Bänder (vermutlich mit Bandpass) und dem nachträglichen Zusammenfügen?

Es passiert bei BlueCat MB-5 Dynamix, Wave Arts Multiband, Brainworx bx_XL V2 und DDMF LinComp. Also unabhängig vom Preis und was man jeweils als Qualität erwartet. McDSP ML4000 ist der einzige, bei dem ich keinen Unterschied höre. Beim ProAudioDSP DSM V2 auch nicht, aber der trennt ja nicht in Bänder, scheint eine Art dynamischer EQ zu sein.

Ich habe schon immer dynamische EQs den bandtrennenden Kompressoren/Limitern vorgezogen, aber mehr aus einem Bauchgefühl heraus. Jetzt zum ersten Mal gehört, dass es bei den dynamischen Multiband-Effekten ein technisches Problem geben dürfte.
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Axel
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Re: Dynamische Multiband Plugins verdünnen Höhen?

Beitrag von Axel »

Das ist mir noch nicht bewusst aufgefallen, hab aber die gleiche Präferenz: lieber dynamischer EQ (zB Nova) als Bändertrennung... Was ja eigentlich nur meint, dass die Bänder schmaler sind- oder?.Zwei Gedanken dazu: bei Deinem Beispiel erwischt Du nicht nur Grundtöne, sondern viele Obertöne, die eben auch den Charakter eines Klangs verändern. Zum Anderen: perfekt für Bändertrennung wären eigentlich unendlich steile Flanken, hat dann die bekannten Nachteile. Alle weicheren Flanken haben entsprechende Überschneidungen, die praktisch immer einen Kompromiss aus Präzision und Pegelausgleich im Trennbereich zur Folge haben werden. Sicher ein Thema für Düsentrieb-Avatare?!
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hugoderwolf
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Re: Dynamische Multiband Plugins verdünnen Höhen?

Beitrag von hugoderwolf »

Axel hat geschrieben:Sicher ein Thema für Düsentrieb-Avatare?!
Hat da wer gerufen? :mrgreen:

Gesichertes kann ich nicht dazu beitragen, da ich selbst noch keinen Multibänder gemacht habe. Liegt unter Anderem vllt auch daran, dass ich die Dinger schon vom Konzept her nicht besonders gut leiden kann. Einen dynamischen EQ finde ich da deutlich eleganter.

Ein paar Denkanstöße:
Die Dinger suggerieren per GUI gerne, dass sie sauber cutten. Das geht natürlich nur per Approximation, wie steil sie wirklich sind ist für den User nicht ersichtlich. Das finde ich schonmal blöd und irreführend. Steile Flanken, wie schon erwähnt, verwischen gerne mal etwas. Mit FIR-FIltern kriegt man linearphasige steile Flanken hin und es ist da auch prinzipiell möglich, perfekte Rekonstruktion zu erzeugen (also wenn das Ding nicht eingreift). Bei IIR-Filtern ist das mit der perfekten Rekonstruktion bei Steilheiten >6dB/oct. schon deutlich schwieriger. Wenn das Ding dann um 0dB herumregelt, entstehen schnell blöde Peaks/Notches/Welligkeiten, weil die Dinger nicht linearphasig sind.
Ob so steile Flanken in der Anwendung überhaupt musikalisch sinnvoll sind, würde ich auch arg bezweifeln (siehe Axels Kommentar). Solche chirurgischen Eingriffe tun selten gut. Die meisten Multibänder haben Solobuttons für die einzelnen Bänder, damit könntest du die Flankensteilheit mit etwas Rauschen und 'nem Analyzer testen. Oder auch mal mit 'nem Sinus durchpiepen, ob nicht noch ganz andere Schweinereien passieren (Aliasing z.B.).
Peter Ostry hat geschrieben: Ich habe schon immer dynamische EQs den bandtrennenden Kompressoren/Limitern vorgezogen, aber mehr aus einem Bauchgefühl heraus.
Ich denke das Bauchgefühl täuscht dich nicht. Wenn du als Produktmanager mit deinem beschriebenen Problem zu mir kommen würdest, wäre mein erster Lösungsansatz immer ein dynamischer EQ, weil ich der Meinung bin, dass das Konzept und die Konsequenzen für den Anwender da deutlich intuitiver und transparenter sind. Und auch die technische Umsetzung ist etwas weniger schweinisch. Wobei es auch dabei genügend Stolperfallen gibt, an denen sich Spreu und Weizen trennen ließen.
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hugoderwolf
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Re: Dynamische Multiband Plugins verdünnen Höhen?

Beitrag von hugoderwolf »

Mich hat's gejuckt und ich hab gerade mal etwas näher geschaut. Habe aber nur zwei Multicomps hier am Start. Logics Multipressor ist sauber und trennt mit 6dB/oct. Treibt auch keinerlei Schabernack bei der Rekonstruktion.
Als zweites Versuchskaninchen hatte ich jetzt nur Apple's AUMultibandCompressor da. Hätte eigentlich erwartet, dass es das Gleiche ist wie der Multipressor. Aber nein. Der trennt zwar Schärfer (18dB/oct), aber dafür macht er auch im Neutralbetrieb schon ordentlich Dellen ins Spektrum (Hub ca. in der Größenordnung 3dB).
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Axel
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Re: Dynamische Multiband Plugins verdünnen Höhen?

Beitrag von Axel »

...wieder was gelernt: danke Peter für die Frage, danke hugo für Denkanstöße!
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JP_
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Re: Dynamische Multiband Plugins verdünnen Höhen?

Beitrag von JP_ »

Da du von MB-Limitern sprichst, sollte man auf jeden Fall DMGs Limitless erwähnen.

Evt ist auch Oversampling ein Grund für deine Beobachtungen? Wird gerne als Heilsbringer verkauft, ist aber oft auch eher weiter weg von Transparent.
Ansonsten wie Hugo schon sagte, die unausweichlichen Nebenwirkungen von Filtern. IIR tendiert zum "Schmieren", FIR versaut einem oft das 3D und den Eindruck von Raumtiefe.
Egal, ob man lieber MB-Comps oder Dyn. EQs bevorzugt; beide sind für mich eher Reparatur-Werkzeuge. Brauch man die, um eine Recording erträglich klingen zu lassen, liegt das Problem beim Recording/Instrument/Aufnahmekette/Spieltechnik, oder?
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Peter Ostry
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Re: Dynamische Multiband Plugins verdünnen Höhen?

Beitrag von Peter Ostry »

JP_ hat geschrieben:Egal, ob man lieber MB-Comps oder Dyn. EQs bevorzugt; beide sind für mich eher Reparatur-Werkzeuge. Brauch man die, um eine Recording erträglich klingen zu lassen, liegt das Problem beim Recording/Instrument/Aufnahmekette/Spieltechnik, oder?
Frechheit. Meine Aufnahmekette ist traditionell sauber und die Spieltechnik ausgefeilt!
Bidule erzeugt MIDI Noten mit stochastischer Verteilung und in Tonhöhen, die den Blauertschen Bändern folgen. Damit werden drei Synths angesteuert, die 11 Vogelgruppen imitieren, welche einzeln mit Dopplereffekten virtuell bewegt werden. Also alles ganz normal ;-) Nur der Herr Doppler schmeisst manchmal mit Vögeln, die ich mit einem Limiter in ihre Nester jagen muss.



Ich wollte die Höhenverdünnung messen, aber ich schaffe das nicht. Der Effekt ist bei allen Plugins minimal und mein einziges Messinstrument für sowas ist der Logic Match EQ. Manchmal sehe ich geringe Änderungen zwischen 5 und ca. 14 kHz, das ist auch was ich höre (wobei mich wundert, dass ich das überhaupt höre). Hängt aber davon ab, wie ich den Match EQ einstelle und natürlich ist es auch von der Filtergüte der Bandpässe abhängig. Ist mir insgesamt zu langwierig, das zu erforschen, ich merk mir einfach dass man manchmal drauf aufpassen sollte.

Das einzige katastrophale Plugin hat Christian bei seinem Test erwischt, den AUMultiBandCompressor. Bei dem braucht man kaum Messaufwand, Spectre schreibt mir den verbogenen Pegel locker mit. Die anderen Plugins sind für Normalbetrieb ok, wenn man weiß wo die Schwächen dieser Technik liegen.
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Re: Dynamische Multiband Plugins verdünnen Höhen?

Beitrag von JP_ »

Peter Ostry hat geschrieben:
JP_ hat geschrieben:Egal, ob man lieber MB-Comps oder Dyn. EQs bevorzugt; beide sind für mich eher Reparatur-Werkzeuge. Brauch man die, um eine Recording erträglich klingen zu lassen, liegt das Problem beim Recording/Instrument/Aufnahmekette/Spieltechnik, oder?
Frechheit. Meine Aufnahmekette ist traditionell sauber und die Spieltechnik ausgefeilt!
Bidule erzeugt MIDI Noten mit stochastischer Verteilung und in Tonhöhen, die den Blauertschen Bändern folgen. Damit werden drei Synths angesteuert, die 11 Vogelgruppen imitieren, welche einzeln mit Dopplereffekten virtuell bewegt werden. Also alles ganz normal ;-) Nur der Herr Doppler schmeisst manchmal mit Vögeln, die ich mit einem Limiter in ihre Nester jagen muss.
I-dont-understand-a-word... :lol: Aber normal is immer gut.
Ich wollte die Höhenverdünnung messen, aber ich schaffe das nicht. Der Effekt ist bei allen Plugins minimal und mein einziges Messinstrument für sowas ist der Logic Match EQ. Manchmal sehe ich geringe Änderungen zwischen 5 und ca. 14 kHz, das ist auch was ich höre (wobei mich wundert, dass ich das überhaupt höre). Hängt aber davon ab, wie ich den Match EQ einstelle und natürlich ist es auch von der Filtergüte der Bandpässe abhängig. Ist mir insgesamt zu langwierig, das zu erforschen, ich merk mir einfach dass man manchmal drauf aufpassen sollte.
Die Idee, daß man solche Einflüsse mit Hausmitteln sicht- statt nur hörbar zu machen, hab ich lange aufgegeben. Da ist nix zu holen. Selbst ausgemachte Mess-Profis scheitern bei sowas regelmäßig, weil die subtilen Zusammenhänge aus Höreindruck und Artefakt selten wirklich klar sind. Viele brauchen übertrieben verstärkte und von der Musik isolierte Artefakte, um überhaupt einen Eindruck zu bekommen. Das kann nicht funktionieren.
Im Zweifel wirft man mit so schönen Schlagworten wie Hörschwelle oder gar Placebo um sich, um Zweifler elegant abzuwürgen.
Wichtig bei Hörtests sind halt immer perfekt gemachte Levels. Macht Gerät A 0.1dB mehr Pegel verzerrt das die Wahrnehmung schon deutlich. Nach welchen Mess-Kriterien man Pegel matched, darüber kann man natürlich auch erstmal ausführlich diskutieren. Alles nicht so einfach.
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